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Rentenreform: Pflästerlipolitik statt Nachhaltigkeit

Veröffentlicht am 08.03.2017

Das unsägliche Hin und Her in der gegenwärtigen Vernehmlassung wird langsam peinlich! Statt einer echten und nachhaltigen Reform werden Pflästerli geklebt, Partikularinteressen verteten und in äusserst dilettantischer Weise die zweite gegen die erste Säule ausgespielt.

 

Seien wir doch ehrlich und schauen den Tatsachen ins Auge:

 

Wir müssen alle länger arbeiten.

Punkt.

Verehrte Parlamentarier, lasst diesen Satz auf Euch wirken und nehmt doch die nachstehenden Begründungen endlich zur Kenntnis. Dann tut, wofür Ihr grosszügig bezahlt werdet, nämlich die Interessen der Bevölkerung wahrnehmen und Probleme effizient lösen statt immer nur auf die nächsten Wahlen zu schielen! Das jetzige Hickhack soll eine Rentenreform sein? Dann steht die nächste bereits in 5 Jahren wieder an.

 

Mein Vorschlag geht ganz einfach! Er ist radikal, dürfte aber mehr Probleme lösen als er schafft:

  1. Gesetzliches Pensionsalter auf ein demografisch vernünftiges Mass erhöhen: Mindestens Alter 68-70 *)

  2. Umwandlungssätze der 2. Säule auf ein versicherungstechnisch vernünftiges Mass reduzieren.

Das wärs!

 

*) Männer und Frauen. Flexibilität und Ausnahmen je nach Berufsgruppe und -ansprüchen vorsehen; zB bei schwerer körperlicher Arbeit usw. früher möglich. Ist heute ja auch schon so, zB Flugkapitäne, Militär etc.

 

Zur Begründung zunächst einige Tatsachen:

Tatsache Nr. 1: Demografie

Wir werden immer älter! Die Alterspyramide ist schon lange keine solche mehr, sie ist in eine Art Urne mutiert. Hauptgründe dafür sind die sinkenden Geburtenraten und die Fortschritte in Medizin, Ernährung usw., kurz: in der Gesundheit. Beides sind langfristige Entwicklungen, die sich bereits Mitte der 70er Jahre abzeichneten und die auch in den nächsten Jahrzehnten Gültigkeit haben.

 

Tatsache Nr. 2: Finanzierung der AHV

Das Umlageverfahren der AHV-Finanzierung beruht - immer noch - auf der damals (noch) gültigen Alterspyramide der Nachkriegsjahre. Was daran auch immer geschräubelt und geflickt wird: Langfristig ändert sich nichts, da es der zugrundeliegenden demografischen Entwicklung zuwiderläuft.

 

Tatsache Nr. 3: Finanzierung und Höhe der Pensionskassenrenten

Bei den nach dem Kapitaldeckungsverfahren finanzierten Altersrenten in der 2. Säule sollte obiges Problem theoretisch nicht auftreten, da individuelle Konten geführt und Ansprüche daraus abgeleitet werden.

Die versicherungstechnischen Umwandlungssätze sind nach Ansicht der weitaus meisten Experten zu hoch. Der „demografisch richtige“ Satz liegt je nach Schätzung zwischen 4.5 und 5.5 Prozent.

Das Stimmvolk hat im März 2010 eine Senkung der Umwandlungssätze deutlich verworfen.

 

Tatsache Nr. 4: Art. 113 Ziff 2 Bst a Bundesverfassung

Die AHV und die berufliche Vorsorge sollen zusammen(!) ihren Auftrag erfüllen.

 

Folgerungen und ein, zwei persönliche Kommentare:

Der demografische Trend wird in den nächsten Dekaden weiterhin bestehen bleiben – und zwar in allen Industrieländern! Deshalb haben immer weniger „Junge“ für immer mehr „Alte“ zu sorgen. Daran ändert auch die Politik nichts

Die Restlebenserwartung nach der Pensionierung – wann immer diese erfolgt - steigt zwangsläufig ebenfalls weiter! (Eine Frage am Rande: Wieso soll eigentlich das gesetzliche Pensionsalter auf dem Stand von 1948 bleiben?)

 

Wird das Umlageverfahren beibehalten, kann die AHV langfristig nur(!) durch massiv höhere Belastung der Arbeitseinkommen und/oder durch (massive) Heraufsetzung des Ruhestandsalters nachhaltig finanziert werden. Alle anderen Basteleien und Quersubventionierungen durch MWSt-Erhöhungen, Tabaksteuern usw. haben lediglich kurzfristige Wirkung und verschleiern diese unangenehmen Aussichten. Zudem macht es wenig Sinn, die Renten via MWSt-Erhöhungen zu subventionieren und dann konsumseitig auch bei den Rentnern wieder abzuschöpfen.

 

Da gemäss den weitaus meisten Experten die Umwandlungssätze in der zweiten Säule viel zu hoch sind, findet auch hier eine Umverteilung von jung zu alt statt. Zudem hat bekanntermassen der „dritte Beitragszahler“ erheblich an Kraft verloren und niemand weiss, wann dieser Trend wieder nachhaltig umkehrt.

Das Verdikt von 2010 ist demokratisch zu akzeptieren, sachlich falsch war es dennoch! Eventuell war den Abstimmenden die Tragweite der Tatsachen und deren Konsequenzen nicht wirklich bewusst oder wurden ignoriert.

 

In der gegenwärtigen Vernehmlassung verorte ich ein Ausspielen der ersten gegen die zweite Säule, und zwar so richtig schön entlang der Parteigrenzen. Entspricht das dem Verfassungsauftrag? Oder zeichnet sich hier einmal mehr die Gültigkeit der Kernaussagen der Neuen Politischen Ökonomie (Public Choice) ab?